10km Ripio stehen uns noch bevor,, dann haben wir nach 125km Bauschutt-Wellblechpiste endlich die asphaltierte Cuarenta unter den Reifen.
Wir wollen zur „Cueva de Las Manes“ - der Höhle der Hände (1999 von der Unesco zum Weltkulturerbe erhoben), aber das würde weitere 45km Bauschutt-Waschbrett-Piste bedeuten... einfache Strecke!
Und danach steht uns nicht der Sinn.
Für eine längere Asphaltstrecke müssen wir aber erst einmal den Reifendruck wieder erhöhen, damit TIO nicht ins Schwimmen gerät. Mittlerweile hat Franjo schon Übung darin ;-)
Wir folgen der Cuarenta 290km südwärts – nach langer Zeit mal wieder eine große Tagesetappe – Schotterpistendurchschnitt sind 20km/h.
Die Guanakos, die wir hier entlang der Straße sehen, sind weitaus scheuer als in Chile. Sobald ein Fahrzeug kommt, oder sogar anhält, geraten sie in Panik und setzen mit einem eleganten Sprung über den Zaun, der die Pampa entlang der ganzen Route zur Straße hin abgrenzt. Leider schaffen nicht alle Tiere diese Hürde und wir sehen etliche Kadaver entlang unseres Weges.
In der Nähe von Gobernador Gregores schlagen wir am Lago Cardiel unser Lager auf.
Im Wechsel von Ripio und Lehmpiste erreichen wir Tres Lagos, froh, dass es nicht frisch geregnet hat und uns eine weitere Schlammschlacht erspart geblieben ist. Von hier ist es nicht mehr weit bis El Chaltén,
im Parque Nacional Los Glaciares, unserem Ziel für die nächsten Tage.
Wir wollen den Nationalpark erwandern, sind gespannt auf den Fitz Roy und Cerro Torre, die Lagunen und Aussichtspunkte in dieser grandiosen Landschaft.
Am Ende des Ortes ist ein freier Parkplatz direkt am Einstieg der Wanderwege.
Über 350 Höhenmeter geht es bis zur Laguna Capri, mit exzellentem Ausblick auf den Fitz Roy, der sich heute allerdings wolkenverhangen zeigt. Ringsum viel blauer Himmel und auf freier Fläche heftiger Wind, aber die Spitze des Berges bekommen wir leider nicht zu sehen. Trotzdem eine tolle Wanderung durch die beeindruckende Landschaft.
Nach 4 Stunden freut sich Jaron, dass wir wieder da sind, denn Hunde sind im Nationalpark leider nicht erlaubt – einziges Manko dieser Tour.
Wir haben ein Energieproblem mit unserer Solarpaneele. Um mit dem Wohnmobilhersteller Kontakt aufzunehmen brauchen wir Internet – deshalb fahren wir heute zum Camping Torcida. Der Platz ist eigentlich nur für Zelte gedacht, aber wir dürfen am Straßenrand stehen, bekommen Strom, Wasser und das Passwort für ein gutes Wifi. Paolo ist sehr freundlich und bietet uns an, dass Jaron während unserer Wanderung zum Cerro Torre bei ihm bleiben kann – das ist immerhin besser, als ihn für Stunden im Auto zu lassen...
Unser Hund ist zwar nicht begeistert, als wir ihn vor Paolos Hütte anbinden, aber da muss er durch ;-)
10km müssen wir über 300 Höhenmeter wandern, bevor wir die Laguna Torre erreichen. Der Gletscher des Cerro Torre mündet in diese Lagune und etliche Eisschollen zeugen von der Kälte des Sees...
Nach 6 Stunden sind wir wieder zurück – geschafft aber zufrieden über die schöne Tour bestellen wir bei Paulo erst mal zwei Cerveza und freuen uns mit Jaron über das Wiedersehen.
Die gestrige Wanderung steckt uns noch in den Knochen, deshalb ist heute Heimwerken angesagt: Die Solarpaneele müssen ausgemessen werden, da in den Batterien keine Leistung ankommt. Wer aber ankommt ist Bruno, der rettende Engel ;-) der mit Franjo auf´s Dach steigt, alles durchmisst und zu dem Ergebnis kommt, dass der Regler hinüber ist - da muss wohl in Punta Arenas Ersatz her...
Zum Sonnenuntergang wandern wir noch einmal an den ersten Aussichtspunkt zum Cerro Torre und freuen uns über die von der untergehenden Sonne angestrahlten Wolken über den Bergen. Ein eindrucksvolles Video über den Sonnenuntergang hinter dem Cerro Torre findet ihr HIER.
Wir kehren dem Fitz Roy den Rücken und tauschen den Lago Viedma gegen den Lago Argentino. Das Wetter ist herrlich klar und die Sonne lässt den See in einem noch nie gesehenen intensiven türkis-blau leuchten. Die Farbe auf unseren Fotos wird uns bestimmt niemand glauben !!!
El Calafate ist ein hübscher Ort mit vielen kleinen Geschäften und gemütlichen Cafés und Bars.
Die Nacht verbringen wir auf einem abgelegenen Parkplatz der Strandpromenade – sehr windexponiert, aber im Laufe des Abends wird es ruhiger und wir genießen einen spektakulären Sonnenuntergang.
Da wir am nächsten Morgen so früh wie möglich zum Perito Moreno möchten, brechen wir unsere Zelte in El Calafate am Nachmittag ab und fahren zum Los Glaciares Nationalpark, wo wir am Straßenrand vor dem Eingang eine ruhige Nacht verbringen.
Pünktlich um 8.00h stehen wir vor dem Gate und sind die Ersten, die in den Park fahren. Bis zum Perito Moreno sind es allerdings noch 30km.
Das Wetter spielt mit: Ein Sonne-Wolken-Mix mit leichtem Nebel über der Eisfläche verleiht dem Panorama eine mystische Stimmung.
Die Gletscherfront ist gewaltig: Mit einer Gletscherfläche von ca. 250 Quadratkilometern, 30km Länge und 5km Breite ist der Perito Moreno einer der größten Auslassgletscher der südamerikanischen Anden – und wächst immer noch ! Mit einer Geschwindigkeit von 795m/Jahr (ca. 2m/Tag) schiebt sich der Gletscher vorwärts, die Kalbungsfront beträgt knapp 5km und die Eismassen stürzen aus 55 bis 77m Höhe in den Lago Argentino – ein beeindruckendes Schauspiel.
In der Nacht hat es in den Bergen geschneit und die Gipfel sind weiß gepudert. Die Temperatur am Lago Argentino ist mit 7°C auch nicht gerade frühlingshaft, aber wenn der Wind nicht bläst, wird es sehr schnell warm. Wir fahren zur SENASA, um für Jaron eine Gesundheitsbescheinigung zu holen, wechseln Geld bei der Western Union (am Geldautomaten bekommt man max. 1000 Pesos zu einer Gebühr von 97 Pesos – das nenne ich Halsabschneiderei !!!) und trinken in der Panaderia mit schnellem Wifi noch einen Kaffee. Dann düsen wir weiter Richtung chilenischer Grenze.
Nach der eher laschen Zollkontrolle in Futaleufú sind wir wohl etwas unvorsichtig geworden. Die bekannten Lebensmittel, die nicht nach Chile eingeführt werden dürfen sind zwar gegessen, oder gut verstaut, aber wir haben uns sagen lassen, dass Geflügel nicht unter das Fleischverbot fällt – daher fallen wir aus allen Wolken, als die Zollbeamtin unsere 4 Putensteaks aus dem Gefrierfach holt und konfisziert. Hätten wir besser die Steaks anstelle des fetten Hackfleisches gestern Abend noch gebraten...
Aber es geht noch weiter: Sie durchwühlt sämtliche Schubladen und sammelt getrocknete Tomaten, Knoblauch, ½ Zwiebel, Ingwer, Kichererbsen und Linsen ein, zum Teil noch in Originalverpackung verschweißt – aber nur die argentinischen. Was wir in Chile gekauft und über Argentinien wieder hier eingeführt haben interessiert sie nicht, ebensowenig wie die angebrochene Käsepackung und den Honig. Dann fragt sie noch nach Eiern – wahrscheinlich will sie damit die Putensteaks panieren.
Unser Ärger über diese Willkür hält noch eine ganze Weile an. Erst nach der Cappuccino-Pause am Lago Sarmiento, mit Blick auf die Torres del Paine, kommen wir wieder runter.
An der Laguna Amarga haben wir bei einem Zwischenstopp die Möglichkeit eine Kolonie Flamingos ganz aus der Nähe zu beobachten.
Am Perito Moreno hat Renate wegen Jaron, der eigentlich nicht mit in den Park durfte, Ärger bekommen. Diesmal fragen wir am Parkeingang welche Pisten – außerhalb des Parks – wir fahren können, um trotzdem eine gute Sicht auf die Torres zu bekommen.... und landen an der
Cascada del Paine, einigen kleinen Stromschnellen im Rio del Paine mit gutem Blick auf die „Türme des blauen Himmels“, denn „Paine“ heißt in der Sprache der Tehuelche-Indianer „himmelblau“. Es handelt sich um das Wahrzeichen des Nationalparks – drei nadelartige Granitberge, zwischen 2600 und 2850m hoch.
Die Torres del Paine im Nebel
Wir stellen den Wecker, damit wir die Torres zum Sonnenaufgang um 5.30h im besten Licht fotografieren können, bekommen aber außer Nebel und einem kurzen Regenbogen nichts zu sehen. Na, dann kommt Jaron heute mal etwas früher zu seiner Gassi-Runde.
Nach einer Erkundungsfahrt am Rande des Nationalparks entlang landen wir wieder an der Laguna Amarga und beschließen die Nacht an dieser Flamingo-Lagune zu verbringen.
Anstelle von Bergen, die sich im Licht der aufgehenden Sonne in der spiegelglatten Wasseroberfläche der Laguna Amarga spiegeln erwarten uns heute Morgen um 5.30h Nebel und Regen. Wir sehen nichts – also drehen wir uns um schlafen weiter. Es klappt halt nicht alles, auch nicht die „Morgenstimmung-Photoshop-Bearbeitung“ ;-)
Aber 3 Tage Nationalpark sind genug, zumal wir ihn mit Jaron ja ohnehin nicht erwandern dürfen...
Am Ende der Welt - Ruta del Fin del Mundo
Nach 2 Stunden Fahrt bei dichter Wolkendecke landen wir in Puerto Natales, verschaffen uns zwischen zwei Regenschauern einen kurzen Eindruck vom Ort und verkriechen uns im Wohnmobil.
Mittags zieht der Himmel zu und die Windböen sind nicht von schlechten Eltern – ein guter Grund, um unseren exponierten Stellplatz am Wasser zu verlassen und Richtung Punta Arenas weiterzufahren. Unser kostenloses Nachtlager schlagen wir 20km vorher im Chabunco Campingpark Areal auf, am Pazifik, der hier in einem der unzähligen zerklüfteten Fjorde endet.
Trotz einiger Grillparties, die bei 10°C Außentemperatur um uns herum gefeiert werden, ist die Nacht ruhig. Die Südamerikaner haben scheinbar ein anderes Temperaturempfinden – und wenn Wochenende ist, fährt die ganze Familie ins Grüne zum „Asado“ - meistens noch verbunden mit entsprechender Musik, die aus Fahrzeugen dröhnt, deren Innenleben nur aus Lautsprecherboxen zu bestehen scheint.
Es weihnachtet sehr !!!
Allüberall hinter den Fensterscheiben
sehen wir des Christkind´s Treiben -
und mit dem Tatü Tata der Feuerwehr
kommt Papá Noel daher.
Frühstücksfernsehen zur besten Sendezeit
Auf dem Parkplatz neben uns hat die Policía drei Jugendliche festgenagelt, die scheinbar nicht mehr fahrtüchtig sind. Es werden Papiere kontrolliert, Fingerabdrücke genommen, telefoniert, aber niemand gefunden, der das Fahrzeug der Übeltäter wegfahren könnte.
Auf der anderen Seite von TIO hat ein Franzose Probleme mit seinem Leihwagen, er springt nicht an – er bekommt Starthilfe - der Motor röhrt... Die Jugendlichen gehen neugierig rüber und überreden ihn, sie in ihrem Auto heimzubringen. Alles strahlt, die Policía ist zufrieden und rückt ab.
Als der Franzose zurückkommt, streikt sein Auto erneut – JETZT dürfen wir mitspielen – und geben ihm Starthilfe.
Punta Arenas hat eine durchschnittliche Jahrestemperatur von 6°C.
Wir haben Glück und erwischen den Bereich oberhalb, auch wenn der Wind heftig bläst.
Die ganze Stadt ist auf den Beinen und flaniert am Strand entlang, als plötzlich ohrenbetäubender Lärm auf uns zukommt – Sirenengeheul, Lautsprecherdurchsagen...
Zwei mit Luftballons geschmückte Feuerwehrfahrzeuge fahren die Strandpromenade entlang – auf der Plattform des 1. Wagens steht der Weihnachtsmann (Viejo Pascuero) mit seinem Gefolge und wünscht Allen „Feliz Navidad“.
Eine andere Art, die Feiertage einzuläuten – laut und fröhlich – warum nicht auch mal so ???
Ein bisschen Kultur muss jetzt mal sein
Das Museo Nao Victoria stellt originalgroße Nachbauten der Schiffe her, die eine historische Bedeutung für dies Region haben, u.a. die „Nao Victoria“, mit der man den Seeweg durch den amerikanischen Kontinent entdeckt hat und die Magellanstraße erforschte (1520)
Mit der zum Forschungsschiff umgerüsteten "HMS Beagle" unter Kapitän Fitz Roy erforschte Charles Darwin Anfang des 19. Jhdt. 3 Jahre lang diese Region.
Der Friedhof von Punta Arenas – Cementerio Municipal – fasziniert durch imposante Mausoleen neben bescheidenen Gräbern unter riesigen, exakt in Form geschnittenen Zypressen. Das extravaganteste Grabmal der Familia José Menéndes ist eine maßstabgetreue Kopie des römischen Denkmals von Vittorio Emanuele.
Auf der „Plaza de Armas“ wurde zu Ehren der Ureinwohner, die Ende des 19. Jhdt. fast vollständig vernichtet wurden, ein Denkmal errichtet. Der Sage nach kehrt man nach Punta Arenas zurück, wenn man den großen Zeh des Indianers küsst...
Machen wir nicht, denn wir wollen ja weiter ;-)
Feuerland ??? Nein - kalt und windig ist es hier !!!
Die kürzeste Fährverbindung über die Magellanstraße geht von Punta Delgada nach Punta Espora, dauert 20min (zum Glück ohne Wind) – und dann sind wir auf Feuerland !!!
Das Restaurant neben unserem nächtlichen Stellplatz hat uns eine ruhige Nacht beschert und den starken Wind abgehalten. Den merken wir jetzt auf unserer Fahrt zu den Königspinguinen um so heftiger. Der Spritverbrauch steigt deutlich an und Franjo muss das Steuer mit beiden Händen festhalten.
Jaron gefällt´s – nur, wie bringen wir ihm bei, dass er MIT dem Wind pinkeln soll ???
Der „Parque Pingüino Rey“ hat schon geschlossen, also stellen wir uns davor – TIO´s Nase in den Wind – und hoffen, dass morgen die Sonne scheint und „El Viento“ etwas an Kraft verliert.
12.000 CLP/Person (17,-€) Eintritt erscheinen sehr hoch, wenn man die Tiere nur hinter einem Bretterzaun stehend beobachten kann und nicht näher als 50m herankommt, aber vielleicht ist dies ja unsere einzige Gelegenheit diese majestätischen Pinguine in freier Wildbahn zu sehen, da wir wegen Jaron die Antarktistour nicht machen werden.
„Majestätisch“ übrigens nur, solange sie nicht laufen ;-) Zum Königspinguin-Video kommt Ihr HIER
Weil der Platz vor dem Pinguin Park so herrlich ruhig ist, hängen wir noch eine Nacht dran, teilen unser Frühstück am nächsten Morgen mit Gabi – einer Österreicherin, die hier mit Pkw, Zelt und Hund unterwegs ist – und fahren mittags zum Paso San Sebastian.
Wir haben mal wieder einen Grenzübergang vor uns – wieder zurück nach Argentinien und über Rio Grande dann letztendlich ( NEIN: letztsüdlich ) nach Ushuaia.
Nach den Erlebnissen an der letzten Grenze sind wir etwas nervös...
Der Papierkram auf beiden Seiten ist aber schnell erledigt – dann stehen wir hinter 2 Pkw vor dem Schlagbaum, der uns noch von Argentinien trennt. Eine Zollbeamtin nimmt sich beide Fahrzeuge intensiv vor. Die Insassen müssen aussteigen, alle Türen öffnen, Taschen werden durchsucht und ein gründlicher Blick in den Kofferraum geworfen. DAS KANN JA HEITER WERDEN …
Wir sind an der Reihe – sie nimmt unseren Passierschein entgegen, fragt, wohin wir wollen - - -
- - - und winkt uns freundlich durch - - -
So geht’s also auch ;-)
Und jetzt sind wir wieder in Argentinien.
Bis Rio Grande ist es nicht mehr weit. Über den iOverlander haben wir von „La Casa Azul de Graciela“ erfahren.
Graciela ist wunderbar: Sie hat ein kleines Hostel und im Garten Platz für ein paar Zelte. „TIO“ ist eigentlich zu groß dafür, aber wir dürfen kostenlos vor ihrem Haus stehen und ihr Wifi benutzen (zum Heiligabend-Skype mit der Familie daheim)
und sie begrüßt uns mit Kuchen und Kaffee:
El mejor Café de Patagonia !!!
Graciela: Es fantástica – Muchas gracias !!!
Und heute Abend werden wir mit ihr und ihren Gästen was Feines kochen und Heiligabend feiern ;-)
Weihnachtsmultikulti
Graciela hat uns eingeladen heute Abend mit ihr und ihren Gästen zu kochen. Es sind alles Radfahrer, die ebenfalls nach Ushuaia unterwegs sind.
U.a. Christina und Josep aus der Schweiz, bzw. Spanien, die seit 6 Monaten
mit dem Rad unterwegs sind: www.velanima.ch
Es gibt Geflügelpastete, Brot, Oliven, Melonen, Paella, diverse Salate, Flan und Mousse au Chocolat (die Beste, die wir seit langem gegessen haben!!)
Zu Acht sitzen wir um den Tisch, der sich unter seiner Last zu biegen scheint.
Die Unterhaltung erfolgt in spanisch, französisch, englisch, deutsch – und mit Händen und Füßen. Wir stellen fest, dass 5 Nationalitäten (mit Jaron sogar 6) zusammengekommen sind ;-)
Alle haben Spaß – sehr viel Spaß.
Und es wird spät – sehr spät .............
Am nächsten Tag verabschieden wir uns von der munteren Truppe. Wir sehen sie hoffentlich in Ushuaia wieder.
Die Estancia Harberton ist benannt nach dem Heimatort der englischen Ehefrau des anglikanischen Missionars Thomas Bridges, der ab 1886 hier, am Beagle-Kanal, lebte und sich um die Verständigung mit den Yamaná-Indianern bemühte.
Am Varela-Fluss, mitten in der Wildnis, lassen wir uns nieder und beschließen heute Abend etwas früher ins Bett zu gehen...
Zum Eintrittspreis von 240 ARS/Person bekommt man in Harberton zwei Führungen:
- Im Museo Acatushín sind im Grunde genommen nur Skelette ausgestellt. Die Mitarbeiter sammeln tote Tiere an den Stränden von Tierra del Fuego ein, kochen das Fleisch von den Knochen und reinigen diese dann mit Hilfe einer Zahnbürste, bevor sie sie wieder zusammensetzen und im Museumsraum präsentieren. Im Knochenhaus kann man dies sehen – und riechen !!!
Auf diese Weise haben sie eine beachtliche Sammlung von vielen verschiedenen Pinguinen, Fischen, Delphinen, Walen, Orkas, Seelöwen, Seeelefanten, Seeleoparden, ...
- Über die Estancia führt uns Matías. Der Familienfriedhof in einem kleinen Wäldchen erinnert an alte Westernfilme. Die Indigenen, die dort ebenfalls liegen, heißen mit Nachnamen alle „Sarmiento“, da sie damals, in Ermangelung eines eigenen Nachnamens, den des Gouverneurs annehmen durften.
In der riesigen Scheune wurden jährlich bis zu 9000 Schafe geschoren, bevor im strengen Winter 1995 – mit 4m Schneehöhe – 2/3 eingegangen sind. Ein herber Verlust.
Seitdem haben die Inhaber umgestellt und betreuen seitdem Touristenherden ;-)
Wir wollen zum „Ende der Welt“ und fahren im Regen noch 36km eine Schotterpiste entlang ostwärts, parallel zum Beagle-Kanal. Irgendwie passt das Wetter zu unserem Ziel...
Den Rio Moat überqueren wir auf einer wackeligen Brückenkonstruktion, und kurz darauf geht es nicht mehr weiter – zumindest für TIO nicht. Der Weg endet auf einem kleinen Plateau über dem Kanal vor einer Marine-Präfektur, die mit zwei Mann und einem Hund besetzt ist.
Dies ist der südlichste mit dem Auto zu befahrene Punkt der Welt – „Fin del Mundo“.
Ushuaia
Provinz Tierra del Fuego,
liegt mit 57.000 Einwohnern auf einer Höhe von 0 – 250m.
Breitengrad 51.394 - Längengrad 70.6055
Ushuaia hat 4 Jahreszeiten, teilweise auch pro Tag ;-)
und heute – Mittwoch, den 28. Dezember – geht die Sonne um 4.57h auf und um 22.12h unter.
Ushuaia empfängt uns mit Regen und Temperaturen unter 10°C, dazu stetem Wind – nicht sehr einladend, aber wir wollen es zumindest bis Silvester aushalten und hier das Neue Jahr begrüßen.
Am Stadion Hugo Lumbreras kann man das WLAN Netz der Yamana-Bar benutzen (Passwort im iOverlander).
Wir loggen uns ein und bringen uns erst einmal wieder auf den neuesten Stand.
Der Bosch-Dienst in Ushuaia kann uns bzgl. der Solarpaneele auch nicht helfen – wir werden es wohl noch woanders probieren müssen...
Da für uns der Nationalpark wegen Jaron nicht in Frage kommt, wandern wir zum hauseigenen Gletscher „Glaciar Martial“ hinauf. Den Parkplatz des Sesselliftes als Ausgangspunkt geht es zunächst über die Skipiste (ohne Schnee ;-)) und dann über schmale, steinige, steile Wanderpfade 500 Höhenmeter weiter hoch, bis wir am Eis des Gletschers stehen.
Der Abstieg über das Geröll ist die eigentliche Schwierigkeit...
Für die kommende Nacht beschließen wir, einfach auf dem Parkplatz stehen zu bleiben.
Silvester – Sommer in Ushuaia !!!
Wenn die Sonne mal ohne Wind scheint kommen wir tatsächlich auf Temperaturen zwischen 12 und 15°C.
Wir lassen uns im Tourist-Office den Ushuaia-Stempel in den Reisepass drücken, bummeln noch ein wenig durch die Stadt und sind rechtzeitig zur 2. Jahreszeit (Kälte und Regen) zurück bei TIO, der wieder am Ortsrand abgestellt ist.
Den Jahreswechsel verbringen wir bei einem guten Essen mit Blick auf die illuminierte Stadt deren Lichter sich im Beagle-Kanal spiegeln.
Nach einem ausgiebigen Frühstück kehren wir Ushuaia den Rücken und fahren wieder nordwärts.
Am Lago Fagnano schlagen wir unser Lager auf, abseits von den Dutzenden Argentiniern, die den Neujahrstag trotz des eher regnerischen Wetters nutzen um sich hier zu treffen, zu zelten und zu grillen.
Gegenüber unseres Stellplatzes ist eine riesige Moorlandschaft. Die Vegetation, überwiegend Bodendecker, leuchtet in kräftigen Grün- und Rottönen und geht dann über in einen Wald aus abgestorbenen Bäumen, die fahl in der Sonne glänzen.
Diese toten Wälder kommen hier sehr häufig vor. Die Bäume sind mit Moos behangen „Old Beard“ und sehen gespenstisch aus in ihrer Kahlheit. Abgestorben sind sie aber durch eine Schmarotzerpflanze ähnlich unserer Mistel. Durch geringe Bodenhaftung und ständigen Wind kippen auch noch viele Bäume um, so dass eine Art Zauberwald entsteht, der uns immer wieder fasziniert.
Auf dem Rückweg nach Rio Grande, zu Graciela, müssen wir unbedingt die Panaderia in Tolhuin besuchen – dort gibt es alles, was das süße Herz begehrt – und wir bringen Graciela 2 Facturas (Gebäckteilchen) mit.
Auf dem Weg in die Stadt sind wir gerade um die Ecke gebogen, als uns eine Señora im Bademantel aufgeregt anhält. Sie findet „Tio“ so toll und ihr Sohn möchte ein Foto machen.
Im Nu sind wir von der ganzen Familie umringt und werden mit Fragen bestürmt – sie haben auch ein „Casa Rodante“ und möchten damit Urlaub machen.
Ganz spontan lädt uns die Bademantel-Señora noch auf einen Kaffe ein. Wir finden das herrlich erfrischend, müssen aber absagen, da wir einen Termin haben.
Graciela hat eine Werkstatt ausfindig gemacht, die evtl. unser Energieproblem lösen kann – aber wieder Fehlanzeige – immerhin der erste Mechaniker, der sich die Mühe macht und den Regler überhaupt einmal ansieht. Diagnose: Wahrscheinlich kaputt – jetzt werden wir versuchen aus Deutschland Ersatz zu bekommen.
Die größte Schafschur-Halle der Welt
Ein Abstecher zur Estancia Maria Behety lohnt nicht, da die Schafschur bereits gelaufen ist – aber wir können immerhin ein Foto der größten Schafschurhalle der Welt ergattern, bevor wir an die Magellanstraße weiterfahren.
Mittlerweile haben wir Routine bei den Grenzformalitäten.
Gestern sind wir am Paso Sebastian ohne Probleme nach Chile eingereist. Der Zollbeamte hat sich eher aus eigenem Interesse genau umgesehen und abschließend noch gefragt, ob er ein Foto machen darf – aber gerne doch ;-)
Heute fahren wir mit der Fähre über die Magellanstraße zurück und verlassen Feuerland.
Ein kurzer Abstecher in den Nationalpark Pali Aike lohnt kaum, da es beständig regnet, die Laguna Ana nicht einen einzigen Bewohner der angepriesenen Vogelwelt vorzuweisen hat und eine zweistündige Wanderung zum Vulkankrater Morada Del Diablo bei diesem Wetter keinen Spaß macht – und ohne Hund schon gar nicht, denn der darf mal wieder nicht aus dem Auto.
Lediglich die „Cueva Pali Aike“ - eine halboffene Höhle in der frühzeitliche Werkzeuge gefunden wurden – sehen wir uns im Schnelldurchlauf an, bevor wir schon wieder an einer Grenze stehen.
Am Paso Integral Austral reisen wir wieder in Chile – NEIN – in Argentinien ein... man kommt total durcheinander.
Diesmal sind beide Grenzabfertigungen in einem Gebäude – und es geht Ruck Zuck.
Der Beamte der chilenischen Gesundheitsbehörde hat uns darauf hingewiesen, dass Jarons SENASA-Bescheinigung
am 23. Dez. abgelaufen ist – für Chile sei das kein Problem, da ist der Impfausweis ausreichend (?), aber wir könnten in Argentinien Probleme bekommen.
Also legen wir heute nicht die alte SENASA-Bescheinigung vor, sonder die GANZ alten Papiere, die wir vor 5 Monaten in Montevideo bekommen haben... und ...???
Stempel drauf – der Nächste bitte – ich sag ja: Ruck Zuck – und wir sind wieder in Argentinien.
Wir machen einen Rundgang um die Laguna Azul, vor der wir übernachtet haben, beobachten ein paar Wasservögel und bestaunen den Krater mit dem Lavagestein, in dem der See liegt.
Bis Rio Gallegos sind es es dann nur noch 65km. Einkaufen im Carrefour und dann auf den Parkplatz der YPF-Tankstelle, damit wir uns mit dem freien Wifi wieder auf den neusten Stand bringen. Lis und Leo kommen im Januar wieder auf die Carretera und werden uns den neuen Solarregler mitbringen, den wir gerade bestellt haben – hoffen wir mal, dass unser Energieproblem dann endlich behoben werden kann.
No necesitamos nada!
Gleich zweimal werden wir heute von der Polizei angehalten – sehr freundlich und interessiert.
Die erste Beamtin erhebt eine Statistik und fragt nach Fahrzeugpapieren, sowie nach dem Reiseziel.
Beim 2. Stopp entwickelt sich folgendes Gespräch – frei übersetzt, soweit unser Spanisch das zulässt:
„Woher kommen Sie?“ „Aus Deutschland.“ „Und wo waren Sie hier?“ „In Ushuaia.“ „Wo fahren Sie hin?“ „Rio Gallegos.“ „Da sind Sie aber falsch – das liegt in der anderen Richtung!“ „Nein – nicht die Stadt. Wir wollen an den Rio Gallegos – in Richtung Palermo Aike.“ „In die Richtung? Aber da ist doch nichts – Sie können gerne hier bleiben zum Übernachten.“ „Wir brauchen nichts – wir haben alles an Bord.“ „Alles an Bord?“ „Ja...“ „Na, dann müssen Sie am Kreisel vorne links abbiegen...“ Zweifelnd an unserem Verstand lässt er uns fahren – diese komischen Deutschen... übernachten im Nichts...
… und was für ein herrliches „Nichts“. Hinter uns ein kleiner Hügel, der den Wind abhält – und vor uns die Pampa, so weit das Auge reicht, durchzogen vom Rio Gallegos und einem Nebenarm, in denen man angeblich frei fischen kann... Vielleicht kommt ja morgen doch endlich mal ein Schuppentier auf den Teller ;-)
Wir haben kein Brot und keinen Joghurt mehr, also legen wir einen Tag Pause ein, gehen am Rio Gallegos spazieren und sind froh, dass der Skunk, der Jaron begegnet, es gut mit ihm meint und seinen unwiderstehlichen Duft für sich behält.
Der Nationalpark Monte Leon soll sehr reizvoll sein, mit Pinguin- und Seelöwenkolonie. Leider kann ich bei der Anmeldung gegenüber den Parkwächtern meine Klappe mal wieder nicht halten und erzähle von unserem „Maskota“ Jaron...
Na ja – Pinguine hatten wir ja schon – und Seelöwen??? Weiß doch jeder, wie die aussehen...
Statt dessen landen wir in Puerto Santa Cruz – Provinzhauptstadt – und herrlich gelegen am Mündungsdelta des Rio Santa Cruz in den Atlantic.
Der Parkplatz neben dem Touristenoffice bietet uns neben freiem Wifi (Pw.: 2016gaviotacocinera) auch noch einen traumhaften Blick auf´s Meer, doch wir hätten ihn spätestens am Abend räumen sollen – aber wer kommt schon auf die Idee, dass die Argentinier mitten in der Nacht um halb drei auf dem Bolzplatz nebenan noch ein Fussballspiel veranstalten ???
Na – geht doch !!!
Zwar immer noch ohne Hund, aber immerhin ;-)
Von Punta Quilla kann man bei Ebbe zu einer riesigen Magellanpinguinkolonie mit einigen tausend Brutpaaren wandern. Die Pinguine haben hier gebrütet und ziehen zur Zeit noch ihre Jungen groß, die schon in der Mauser stecken. Es sieht lustig aus, wie der Flaum allmählich weicht und darunter ein erwachsener Pinguin erscheint.
In gebückter Haltung schleichen wir uns bis auf 5m heran, beobachten und fotografieren. Viel spannender und natürlicher als auf Punta Tombo, wo man auf den Beobachtungsstegen bleiben muss.
Richtet man sich allerdings zu seiner vollen Größe auf, weil einem plötzlich ein Krampf in die Wade schießt, können diese – an Land doch eher ungelenken Tiere – sehr schnell werden, sprinten ins Wasser und beobachten uns aus sicherer Entfernung.
Die Nacht verbringen wir in Comandante Luis Piedra Buena – nicht was Ihr denkt!!! Der Ort heißt wirklich so ;-)
Die Welt ist ein Dorf...
Von Puerto San Julian führt eine 25km lange Ripio-Piste direkt an der Küste entlang und endet an „La Loberia“, einer Aussichtsplattform über dem Meer. Hier kann man Seelöwen am Strand beobachten, sowie eine große Kormorankolonie. Der graue Kormoran (Buntscharbe) nistet hier in den Klippen. Mit seinen riesigen orange-roten Füßen, gelbem Schnabel mit rotem Fleck und schwarzen Knopfaugen, die mit feinen Stichen weiß umsäumt sind, sieht er sehr exzentrisch aus.
Auf dem Weg zur Loberia hupt es plötzlich wild neben uns... Familie Schumacher hat den gleichen Weg ;-) Wie oft haben wir uns bisher getroffen? Wir können es nicht mehr zählen.
Da es auf den Klippen sehr windig, daher auch staubig und ungemütlich ist, tauschen wir nur kurz die Neuigkeiten und fahren weiter – übernachten aber an der gleichen YPF-Tankstelle Tres Cerros auf dem Weg nach Caleta Olivia.
Irgendjemand versucht mit unseren Kreditkartendaten in Peru Geld abzuheben... Da sich die dazugehörige Partnerkarte noch in Argentinien befindet kam das dem ADAC spanisch vor – im wahrsten Sinne des Wortes – und er hat die Karte gesperrt – rechtzeitig!
Leicht geschockt setzen wir unsere Reise mit einem Abstecher nach Puerto Deseado fort. Bei der Darwin Expedition www.darwin-expedicions.com buchen wir für morgen früh eine 6-stündige Bootstour zu den Rockhopper-Pinguinen im „Reserva Provincial Isla Pingüinos“.
Um 8.00h starten wir mit 20 Leuten aus 5 verschiedenen Ländern zur Pinguininsel. Eine Bucht davor bevölkern Seelöwen den Strand. Die Jungtiere sind im Alter zwischen 1 Tag und 4 Wochen. Die Nachgeburt der Neugeborenen ist bei den Möwen heiß begehrt und die Mutter muss sich heftig wehren, dass nicht auch an ihrem Jungen gepickt wird.
Die Zutraulichkeit der Magellanpinguine, deren Kolonie wir als Erstes durchqueren, erstaunt uns, da wir in Punta Quilla nur mit Mühe näher als 10m herangekommen sind. Aber hier gehen regelmäßig Menschen vorbei und die Tiere haben sich daran gewöhnt. Man muss aber betonen, dass in besonderem Maße darauf geachtet wird, dass man dieses Paradies nicht übermäßig stört, die Tiere in ihrem Umfeld nicht zu sehr beeinträchtigt und vor allem keinen Müll hinterlässt.
Die Rockhopper-Pinguine – mit ihrem Bürstenhaarschnitt und der „schropsenden“ (schreiten und hopsen) Fortbewegungsart – sind zum Schießen komisch. Wir könnten stundenlang zusehen, wie sie – vom Wasser kommend – die Felsen erklimmen, um wieder zu ihrem Partner und Jungtier zu kommen. Von den Menschen sind sie, ebensowenig wie ihre Kollegen auf der anderen Seite der Insel, wenig beeindruckt.
Auf der 40minütigen Rückfahrt können wir noch eine große Gruppe Commerson-Delfine beobachten, die sich einen Spaß daraus machen, mit unserem Boot um die Wette zu schwimmen.
Diese Tour war auf alle Fälle jeden Peso wert – und so freuen wir uns mit Jaron, dass er endlich wieder von der langen Leine kommt, mit der wir ihn unterhalb der Agentur im Schatten angebunden hatten.
Am Mündungsdelta des Rio Deseado haben wir einen traumhaften Stellplatz gefunden. Die Nacht ist angefüllt mit Tierlauten, die in der Dunkelheit scheinbar noch intensiver zu uns herüber getragen werden. Der Schrei der Raubmöwen hebt sich deutlich hervor, ebenso wir das Brüllen der Seelöwen. Nach Mitternacht zieht ein Gewitter vorüber und der Wind rüttelt am Auto.
Heute Morgen sehen wir am Tang, wie hoch die Flut während der Nacht gestiegen ist... noch 3m weiter und TIO hätte nasse Füße bekommen ;-)
Auf dem Camping Municipal genießen wir nach langer Zeit mal wieder den Luxus von „unbegrenzter“ Energie, laden alle Kameraakkus, Rasierer, Kindle, … kochen auf der Induktionsplatte und toasten gleichzeitig unsere selbstgebackenen Brötchen auf.
Im Wassertank hat sich wieder einmal Sand angesammelt, also durchspülen, reinigen – es gibt mehr als genug zu tun – und von den 500 Fotos, die wir auf der Pinguin-Insel geschossen haben, sollten auch nicht mehr als 10 – 20% den Weg in unser Archiv finden, sonst platzt uns irgendwann die externe Festplatte...
Kurz vor Caleta Olivia finden wir eine windgeschützte Stelle am Strand. Da Samstag ist sind auch viele Einheimische hier, grillen, chillen … und BADEN !!! im eiskalten Atlantik – wie schon gesagt: das Temperaturempfinden scheint ein anderes zu sein...
Abends sind alle Fahrzeuge verschwunden und wir haben die Nacht für uns.
Wenn die Südamerikaner schon ein anderes Temperaturempfinden haben, so trifft dies auch auf die Lautstärke zu. Vielleicht hängt ja beides zusammen?
Kurz vor 8.00h erreicht der erste Möchtegern-DJ den Strand. Aus dem Fahrzeug dröhnen die Bässe eines Rocksongs, die um einiges lauter werden als er die Tür öffnet, die natürlich nicht wieder geschlossen wird, damit auch jeder (in diesem Falle nur wir) den fantastischen Sound seiner Lautsprecherboxen bewundern kann.
Eine Stunde später räumt er den Schauplatz für DJ Nr. 2, der Popmusik bevorzugt – nicht minder laut.
Der 3. Discjockey bedröhnt uns am Nachmittag mit südamerikanischen Folk-Klängen, die auch für unsere Ohren ganz passabel klingen.
Zwischendurch trifft ein weiterer Vertreter dieser Spezies ein, registriert aber sehr schnell, dass seine Boxenkapazität für ein Lautstärke-Duell nicht gewappnet ist und verschwindet wieder.
Statt seiner kommt ein weiterer Strandbeschallungsfachmann, lässt sich zu unserer Rechten nieder und eröffnet die Gegenhitparade mit Rapmusik.
Mittlerweile hat unser Trommelfell seine Funktion reduziert, so dass wir den frisch gebackenen Apfelkuchen (tolles Rezept, Renate – Danke!) in der Sonne genießen können – und irgendwann ist auch der schönste argentinische Sonntag vorüber, alle fahren heim – wir atmen auf und schwärmen den spanischen Travellern, die gerade eintrudeln, von der ruhigen Nacht vor, in der nur die Wellen zu hören sind...
allerdings nur bis halb zwei, denn der Hip-Hop hat uns noch gefehlt – und er erscheint in Form von 2 riesigen Lautsprecherboxen auf 4 Rädern, lässt sich direkt neben uns nieder und beginnt mit dröhnenden Trommelschlägen, die bis in die Eingeweide vordringen.
Da müssen wir jetzt durch – und trösten uns mit der Tatsache, dass der Besitzer der Boxen in spätestens 5 Jahren taub ist.
Wir sind in Rada Tilly, dem südlichsten Seebad der Erde, wo man bei dem heftigen Wind, der hier ständig weht, den Vorteil hat, auch ohne Handtuch zu trocknen, falls man sich ins Wasser traut.
Am Ende der Strandpromenade finden wir einen Platz für die Nacht.
Anstelle der dröhnenden Bassklänge hat uns der Wind diese Nacht um den Schlaf gebracht. Heftig und bockelig hat er an TIO gerüttelt. Wir stehen kurz davor einen Tag Windpause einzulegen, fahren dann aber doch vorsichtig weiter. In Sarmiento suchen wir uns am Lago Musters ein schönes Plätzchen, stellen uns windschnittig ans Ufer und beenden den Tag mit einem Sundowner und herrlichen Farben.
Die versteinerten Bäume im Bosque Petrificado Sarmiento sind über 65 Mio. Jahre alt. Durch Flüsse und Bäche wurden sie hier angeschwemmt und mit Vulkanasche bedeckt. Mineralien (Siliziumsalze) lagerten sich im Zellgewebe der Stämme ein und trugen so im Laufe der Jahre zur Versteinerung bei. Wind und Erosionen legten sie wieder frei und erzeugten ein Tal, das einer Mondlandschaft gleicht.
Während wir durch diese unwirkliche Gegend streifen müssen wir gegen den stürmischen Wind ankämpfen, der um die Felsen und über das Plateau weht. Die Wolken haben die typisch bizarren patagonischen Formen und man kann sich sehr gut vorstellen, wie die Naturkräfte im Laufe der Zeit dieses Tal geformt haben und noch immer formen, denn nach wie vor werden weitere Stämme freigelegt.
Am Cementerio von Gobernador Costa finden wir unsere Ruhe – für die Nacht.
Auf dem Weg zur chilenischen Grenze in Carrenleufú machen wir einen Kaffeestopp am Rio Corcovado – und fahren nicht mehr weiter. Die Idylle ist perfekt: Ein Camper, ein paar Zelte, Angler und Kajakfahrer genießen die Sonne an dem klaren Fluss und springen von den Felsen ins Wasser – brrrr... Mir selbst kommt es vor, als ob nach 2min schon die Beine bis zu den Knien abfrieren.
Die unvermeidlich dudelnde Musik hört gegen Abend auf ;-)
Was ist der Unterschied zwischen einem Zollbeamten und einer Eisenbahnschwelle ??
Ein paar Eimer frisches Flusswasser durch den neuen Vorfilter in unseren Tank gepumpt und wir können weiterfahren.
Die argentinische Grenzstation am Paso Encuentro passieren wir schnell – sehr nett, freundlich und problemlos.
Auf chilenischer Seite haben wir schon die Fahrzeugpapiere und den Stempel im Reisepass – dann stellt sich ein Zöllner quer: Jarons letzte Entwurmung liegt 68 Tage zurück, es dürfen aber maximal 30 Tage sein. Kein Problem, sagen wir, und holen die Drontal-Tablette aus dem Auto. Wir geben sie ihm hier und jetzt, der Zöllner kann es bezeugen und lässt uns weiterfahren...
No - - - denn er ist ja kein Tierarzt!! Was ist daran so schwierig?
Maul auf, Tablette rein, Maul zu – und wenn die Zunge kommt, ist die Tablette im Hund...
Eine Eisenbahnschwelle ist flexibler – er lässt sich nicht erweichen, schreibt seinen Bericht für die argentinische Grenze und schickt uns zurück.
Jetzt müssen wir nach Esquel zur Senasa (da sind wir nicht die Einzigen, denen das passiert...) und haben einen Umweg von 150km (Ripio!!)
Wir sehen es positiv, denn wir können unseren schönen Stellplatz am Rio Corcovado erneut nutzen, da sich eine Weiterfahrt heute nicht mehr lohnt. Aber dann schlägt das Pech doch noch einmal zu – der Fahrer eines weißen Pickup hat entweder zuviel Cerveza getankt, oder seinen Führerschein bei Neckermann gewonnen. Beim Zurücksetzen rammt er unsere linke Seite – und ehe wir reagieren können hat er schon das Weite gesucht und einen ordentlichen Riss von 10cm Länge in der GFK-Haut hinterlassen. Shit happens...- aber Franjo klopft den Riss etwas flach und nachdem er ihn mit Spezialkleber geflickt und dem Lackstift abgedeckt hat ist alles nicht mehr so schlimm.
Die Strecke nach Esquel ist zu unserem großen Erstaunen – und entgegen der Aussage im „Atlas de Rutas“ - zum großen Teil doch asphaltiert.
Das Wetter ist zu schade für die Stadt und wir landen noch einmal an der Laguna Zeta. Gegen Abend suchen wir unseren alten Stellplatz an der Petrobras-Tankstelle auf, nachdem wir uns bei der Touristeninformation erkundigt haben, wo wir denn morgen die SENASA finden.
… und dann haben wir die Grenze nach Chile mal wieder überquert und die Fortsetzung unseres Reiseblogs findet Ihr demnächst HIER.