20. - 30. April 2017

Lagunen, Salare, Geysire und Wüste

Alles wird gut ;-)

Nachdem unser iPad uns gestern navigationstechnisch schmählich im Stich gelassen hat und nur ein schwarzes Display zeigte, gibt es heute morgen zumindest ein kleines Lebenszeichen von sich – und verlangt nach Energie. Wer braucht die nicht – vor allem in Höhenlagen um 4000m ???

Scheinbar hat das Ladekabel einen Wackelkontakt, entschließt sich aber zum Glück, seinen Dienst heute wieder aufzunehmen.

Die argentinisch-chilenische Grenze ist nicht mehr weit, alle Formalitäten können in einem Gebäude erledigt werden – reibungslos – und wir sind schon bald wieder unterwegs auf dem riesigen, über 4000m hohen Plateau des Paso de Sico mit seinen Bergen, Lagunen und Salzseen – alles überstäubt mit einer feinen Schneeschicht. Es ist ein Traum !!!

Den Nachmittag beschließen wir an der Laguna "Aguas Calientes" – an den roten Steinen "Piedras Rojas".

Die Farben sind nicht so intensiv wie am "Agua Negra", aber ebenso einmalig – und die weißen Salzränder der Lagune ergeben einen reizvollen Kontrast zwischen den rötlichen Bergen und dem Blau des Sees.

Pünktlich zum Frühstück erscheinen die Tourbusse aus San Pedro de Atacama, fahren an uns vorbei bis an den Lagunenrand (nur keinen Schritt zuviel...) setzen ihre Fracht für ein schnelles Foto an die frische Luft und steuern schon bald die nächste Sehenswürdigkeit an, denn man will ja was erleben für sein Geld.

Laguna Miñiques
Laguna Miñiques

Wir sind ja nicht auf der Flucht ...

Wir hingegen beschließen, dass wir das Sternenobservatorium A.L.M.A. Auch noch in einer Woche besichtigen können (immer samstags und sonntags vormittags).

Ein paar Kilometer weiter liegen die beiden Lagunen "Miscanti" und "Miñiques". Die beiden Salzseen liegen am Fuße des 5622m hohen Vulkans Miscanti und gehören zum Nationalreservat Los Flamencos – im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel, aber jetzt ist nicht mehr viel los.

Auf der Weiterfahrt nach San Pedro de Atacama finden wir einen ruhigen Schotterplatz oberhalb von Socaire mit Blick auf den Solar de Atacama – das größte aktive Evaporit-Becken in Nord-Chile – und einen schönen Sonnenuntergang.

Frühstück mit Wüstenaussicht

Für die Besichtigung des Observatoriums müssen wir uns im Internet anmelden, also fahren wir auf der Suche nach einem Wifi-Hotspot durch San Pedro. Eine deutsche Overlander-Familie hatte bei der spontanen Anmeldung heute Morgen kein Glück – alles voll...

Wir unterhalten uns kurz, als das Pepamobil um die Ecke biegt. Große, aber kurze Freude, denn Renate und Bruno sind auf dem Weg zum Sico, den wir gerade überquert haben.

Wir suchen uns einen Parkplatz und streifen durch den Ort: Voll und staubig. Es ist uns zu laut und wir stellen uns auf einen Platz etwas außerhalb. Das Kreuz auf diesem Hügel ist Johannes-Paul II. gewidmet. Wir schlafen also nicht nur sicher und ruhig, sondern auch noch gesegnet...

Wir sitzen scheinbar an einem Wanderweg: Erst kommen 2 Schweizerinnen mit Rucksack vorbei, dann Karl-Heinz mit Fotoausrüstung, aber es ist zu diesig für gute Bilder, also halten wir ein kurzes Schwätzchen bevor jeder seiner Wege geht, die sich vielleicht irgendwann wieder kreuzen...

Wasserdampfspeier auf 4300m

Am Nachmittag fahren wir hinauf zu den Tatio-Geysiren. Auf einer Höhe von 4300m befindet sich das zur Vulkanregion Altiplano-Puna gehörende drittgrößte Geysirfeld der Welt mit 110 eruptierenden Quellen, wovon 80 echte Geysire sind – davon wiederum 30 permanent aktiv. Wir stellen uns in die Nähe des Eingangs und auf eine unruhige Nacht ein, denn diese Höhe ist nicht unbedingt kreislaufschonend, auch wenn man akklimatisiert ist.

Bei -7,5°C und in einer Höhe von 4300m braucht TIO zum ersten Mal 3 Anläufe, bis der Motor anspringt. Es ist noch dunkel, als wir auf den Parkplatz des Geysirfeldes fahren. Einige Touristenbusse stehen schon hier, es wird Kaffee ausgeschenkt und wir schießen unsere ersten Fotos – noch etwas nichtssagend in der Morgendämmerung.

Als unsere Hände klamm und die Füße kalt sind, geht endlich die Sonne auf und setzt den Wasserdampf der Geysire in ein völlig anderes Licht. Das ist die richtige Foto-Stimmung – und paradoxerweise laden die ersten Busse ihre Fracht schon wieder ein.

Nach 2 Stunden stehen wir alleine vor den Geysiren und können uns in aller Ruhe beim Frühstück aufwärmen. Das Außenschwimmbad lockt mit 80°C heißem Geysirwasser, gemischt mit kaltem Wasser. Gegen 12.00h ist außer uns niemand mehr dort, aber es ist zu kalt, so dass wir bald unsere Sachen packen und nach San Pedro zurückfahren und auf einer Plattform oberhalb auf 2700m übernachten.

Bolivien im Schnelldurchgang

Die Lagunen direkt hinter der bolivianischen Grenze sollen einen Besuch wert sein und man kann, angeblich, für einen Tagesbesuch seinen Reisepass an der Grenze zurücklassen, ohne dass er gestempelt wird.

Der eine Zöllner macht´s – unser nicht...

Ohne aus Chile ausgereist zu sein haben wir schon den bolivianischen Einreisestempel im Pass, müssen an der nächsten Station die Autopapiere ausfüllen und sollen an der übernächsten Schranke 300 Bolivianos Eintritt für die Lagunenroute bezahlen... umgerechnet 40,-€ - und das für 4 Stunden Aufenthalt?? Kurzentschlossen kehren wir um, werden von dem 2. Zöllner, der die „Arbeit“ mit den Fahrzeugpapieren hatte, für den unnützen Aufwand beschimpft, lassen uns am ersten Posten wieder ausstempeln und stehen erneut auf chilenischem Boden. Das war wohl nix...

Laguna Negra
Laguna Negra

... aber am Paso de Jama gibt es auch schöne Lagunen und Salare, die Straße ist asphaltiert und sehr angenehm zu fahren, auch wenn es stetig bergauf geht und TIO´s „Durst“ beträchtlich steigt.

Wir fahren hinauf bis zur argentinischen Grenzstation und finden auf dem Rückweg an den Lagunen „Negra“ und „Aguas Calientes“ (davon gibt es mehrere hier) einen windgeschützten Übernachtungsplatz auf 4250m.

Laguna Negra
Laguna Negra

Das Thermometer in der Aufbaukabine zeigt am nächsten Morgen -5°C Außentemperatur an, aber da im Schlafzimmer das Kondenswasser an den Scheiben gefroren ist, neigen wir eher dazu, dem Fahrerhausthermometer mit -11°C Glauben zu schenken.

Trotzdem können wir draußen frühstücken, denn die Sonne wärmt die Luft sehr schnell bis auf 20°C. Da es noch windstill ist lässt Franjo die Drohne über den Lagunen fliegen und kommt mit sensationellen Fotos zurück; die Vicuñas in unserer Nähe sind bei dem Geräusch des sirrenden Motors allerdings sofort verschwunden und beäugen das Geschehen aus sicherer Entfernung. 

In der Nähe von San Pedro de Atacama liegen die Täler „Valle de la Muerte“ und „Valle de la Luna“ - beide sehr schön und doch so verschieden:

Überwiegen im „Todestal“ die faszinierenden Felsformationen, so besticht das „Mondtal“ mit Dünen, salzüberzogenen Flächen – die aussehen als seien es Schneefelder – und sogar einer Salzgrotte. Wir fahren durch die Täler und suchen uns zum Sonnenuntergang einen Aussichtspunkt mit Blick ins "Valle de la Luna".

Auf dem Rückweg nach San Pedro winken uns Marita und Jan zu, die oberhalb vom Ortseingang am Papstkreuz stehen. Wir stellen uns dazu, denn es gibt ja viel zu erzählen...

… und es wurde sehr spät, deshalb fällt das Anstehen für Karten zur ALMA-Besichtigung heute flach. Im Internet ist alles ausgebucht und man muss sich morgens um 8.15h am Treffpunkt einfinden, um evtl. Plätze zu bekommen, die andere nicht genutzt haben... reine Glücksache...

Morgen wieder ;-)

Heute bleiben wir einfach hier stehen und genießen den Tag mit Marita und Jan.

Valle de la Luna
Valle de la Luna
Valle de la Luna
Valle de la Luna

ALMA Observatory

Um 8.00h stehen wir am Treffpunkt für die Besichtigung des ALMA-Observatoriums und lassen uns in die inoffizielle Warteliste eintragen. Wir haben Glück und der Bus bringt uns zur Station auf 2900m Höhe. Die 66 Teleskope sind auf der Chajnantor-Hochebene auf 5000m Höhe stationiert, die wir aber nicht zu sehen bekommen. Die Forschung in dieser hoch gelegenen, trockenen Region mit extrem vielen klaren Nächten wird von vielen Ländern betrieben: USA, Europa, Südostasien, …

Die beiden Antennentransporter wiegen 130t, haben 7 Achsen, 28 Räder, heißen Otto und Lore, brauchen bei einer Geschwindigkeit von 5km/h bis zu 9 Stunden, um die zusammengebauten Teleskope von 2900m auf 5000m zu transportieren und wurden in Deutschland konstruiert.

Alles in Allem ist die Besichtigung eine ziemlich theoretische, aber sehr interessante Angelegenheit.

Um 13.00h sind wir wieder zurück, machen TIO klar und fahren Richtung Calama weiter.


01. - 15. Mai 2017

Pazifikküste, Tagebau und Geisterstädte

Valle del Arco Iris
Valle del Arco Iris

Kreuz und quer durch Calama

Calama liegt auf einem Hochplateau in der Atacama-Wüste und ist mit einer Jahresniederschlagsmenge von 0mm einer der trockensten Orte der Erde.

Für eine Übernachtung auf dem Campingplatz Casas del Valle zahlen wir stolze 15.000 CLP, aber dafür ist die Dusche incl.

Die Wäsche wird allerdings stückweise berechnet, so dass wir das Nötigste lieber von Hand waschen.

Wir bringen die Wäsche in die Lavanderia und kurven dann 7km durch die Stadt zu Mercedes-Kaufmann. TIO bekommt in der dünnen Luft der Anden leichten Husten, den wir abgeklärt haben wollen, bevor wir in die Höhenlagen nach Bolivien starten, aber die Techniker können nichts entdecken und nach 4 Stunden verlassen wir die Riesen-Werkstatt wieder und haken im Jumbo unsere umfangreiche Einkaufsliste ab – nacheinander, denn im iOverlander wird vor Fahrzeugeinbrüchen gewarnt. Um 19.00h ist die Wäsche fertig – und da es schon dunkel wird, fahren wir ins Industriegebiet zu Mercedes zurück und übernachten vor dem Gelände.

Kupfertagebau im großen Stil

Chuquicamata - größter Kupfertagebau der Welt
Chuquicamata - größter Kupfertagebau der Welt

15km nördlich von Calama liegt Chuquicamata, der größte Kupfertagebau der Welt. 3km breit, 5km lang und 1,2km tief ist die Grube in der die gigantischen Muldenkipper mit ihren 4m hohen Reifen, 5000l fassenden Dieseltanks und einem Fassungsvermögen von 400t Gestein wie Matchbox-Autos aussehen. Die gleichnamige Bergarbeitersiedlung ist seit einigen Jahren eine Geisterstadt, da die Bewohner wegen Kupfervorkommnissen unter ihren Häusern, Wassermangel zwecks Verseuchung durch die Mine und ungesunden Luftverhältnissen nach Calama umgesiedelt wurden. Leider kann der Tagebau wegen eines tödlichen Unfalls während der letzten Besichtigung nicht mehr besucht werden – und auch vor der Siedlung weist man uns ab... aber wir haben ja noch andere Möglichkeiten ;-) - siehe Video.

Auf dem Weg an die Küste landen wir am Salar Miraje. Durch einen kleinen Canyon fließt ein Bach und mitten in der Wüste leuchtet die Oase „Balneario Coya“ mit Bäumen, Sträuchern, Picknickgelegenheiten und einem Badesee. Jaron freut sich: über das Wasser und die frechen Spatzen, die er mit Begeisterung von unserem Platz verjagt

Pazifikküste und schöne Aussichten

In Tocopilla erreichen wir die Pazifikküste und finden 15km nördlich ein Küstenplateau, das wegen der hohen Wellen zwar nicht zum Baden, aber immerhin zum Bleiben einlädt – genau gegenüber einer kleinen, von tausenden Seevögeln bevölkerten Insel.

Eine tosende Brandung und ein stimmungsvoller Sonnenuntergang – was will man mehr??

Ach ja... ein guter Rotwein krönt den Abend :-)

Die nächsten Tage schleichen wir die Pazifikküste nordwärts – es gibt einfach immer wieder schöne Stellplätze, die zum Bleiben einladen... bis wir Iquique erreichen, das im Dunst des Küstennebels gerade noch zu erkennen ist. 

Ein teurer Tag...

Iquique - zwischen Pazifik und Riesendüne
Iquique - zwischen Pazifik und Riesendüne

Wir fahren direkt in die zollfreie Zone – und geben viel Geld aus, da wir zum Einen eine Navigationsalternative zum iPad brauchen und zum Zweiten einen Laptop für Franjo, damit die Foto- und Filmbearbeitung auf 4 Schultern verteilt werden kann. In der Hoffnung auf gutes WLAN steuern wir anschließend den Stellplatz der Hanggliding School an – werden aber bitter enttäuscht: Keine Chance irgend etwas runter zu laden – zu langsam.

Wir müssen am nächsten Tag noch einmal ins Industriegebiet, da unser Kompressor, den wir für die Reifen brauchen, den Geist aufgegeben hat. In unserem Computerkaufrausch gestern haben wir ihn total vergessen. Außerdem muss noch ein Additiv für den Diesel her, um in großen Höhen technischen Problemen vorzubeugen. Dann schwenken wir wieder landeinwärts, erklimmen die Küstenkordilleren und können zurückblickend die riesige Sanddüne bestaunen, die hinter Iquique aufragt und an Höhe sogar die Hochhäuser übertrifft.

Rost, wohin das Auge blickt...

Humberstone ist unser nächstes Ziel: Das ehemalige Salpeterwerk gehört zusammen mit Santa-Laura zu den größten Salpeterwerken in Chile, in deren Umgebung bis zu 4000 Menschen lebten.

Nach dem Einbruch des Salpetermarktes wurden die Werke in den 60er Jahren geschlossen und mutierten zu Geisterstädten, die nun dem rauhen Klima der Atacama-Wüste ausgesetzt sind.

Wenn man die riesigen Fabrikhallen, Arbeiterunterkünfte und „Jefe-Wohnsitze“ aus der Nähe betrachtet, kann man verstehen, warum die beiden Werke – 1970 zum Nationalen Monument Chiles erhoben – im Jahr 2005 auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt wurden.

Einige Gebäude der rostigen Industriekomplexe sind bereits stark einsturzgefährdet; trotzdem ist kaum etwas abgesperrt. Ungehindert können wir die großen Hallen mit den löcherigen Wellblechdächern besichtigen, in denen noch so manche alte Maschine vor sich hin rostet.

Wir bleiben länger als geplant – es gibt so viel zu sehen...

Pedro de Valdivia aus Drohnensicht
Pedro de Valdivia aus Drohnensicht

Die Niederlassung „Oficina Pedro de Valdivia“ ist eine weitere Geisterstadt mit einem verlassenen Salpeterwerk. Wir nehmen einen kleinen Umweg in Kauf, um uns den Ort anzusehen.

Hier zahlen wir keinen Eintritt, wir können sogar mit dem Auto durch die Straßen fahren: Absolut niemand hier – gespenstisch...

Der Wind lässt ein gelockertes Blech immer wieder gegen die Hauswand knallen, die Dächer sind z.T. eingestürzt, oder abgedeckt, weil das Holz anderweitig gebraucht wurde – und die Fenster fast alle zerbrochen.

Über allem liegt der dicke Staub der Atacama.

Die Kirche ist versperrt, aber das Theater können wir uns von innen ansehen – und im Freibad fehlt nur das Wasser - - - und ein Putzgeschwader...

Am Abend sind wir wieder in Calama und werden vom Wächter des „Camping Extraccion“ auf seinen eigenen Platz verwiesen, weil davor angeblich kein parken erlaubt ist.

Wir zahlen 13.000 CLP/Nacht incl. Strom, Wasser und heißer Dusche, wenn wir das Wasser vorher 15min laufen lassen.

Der größte Vorteil ist aber, dass wir der schwierigen Aufgabe enthoben sind unseren Musiksender auswählen zu müssen, denn die Boxen des nahen Sportplatzes sind groß genug und beschallen uns von morgens 9.00h bis Mitternacht.

Hiermit haben wir Chile (vorerst) abgeschlossen. Über Ollagüe reisen wir in den nächsten Tagen nach Bolivien ein, unser 6. Land in Südamerika. 

 

Es geht also weiter - und wir freuen uns, wenn Ihr mit dabei seid :-)