Die Zollkontrollen bei der Ausreise aus Peru erweisen sich als gründlicher, als bei der Einreise nach Ecuador, wo der Zöllner auf der vorletzten Treppenstufe stehenbleibt und nur flüchtig nach rechts und links blickt, bevor er uns durchwinkt. Wegen der Hitze haben wir Jaron im klimatisierten Führerhaus abgelegt, wo er vollkommen übersehen wurde ;-)
Momentan ist es schwierig, einen Übernachtungsplatz in freiem Gelände zu finden: Entweder sind keine Plätze vorhanden, oder sie sind privat – und daher eingezäunt...
In den kleinen Dörfern entlang unserer Route gibt es aber immer Orte – Fussballfelder, Friedhöfe oder eine Plaza de Armas – wo wir die Nacht sicher und ruhig verbringen können.
Ruhig ab 23.00h, wenn die Dorfjugend ihre Musikbegeisterung polizeibedingt drosselt und ihre Skateboards einpackt – und bis 5.30h, wenn die Hähne des jeweiligen Dorfes zum morgendlichen Kikeriki-Wettstreit aufrufen. Ja nach Lage können wir 4 – 8 Hähne unterscheiden, die sich von einem Dorfende zum anderen ihre Herausforderung zuschreien, wobei einer immer gefühlt unter uns sitzt...
Zamora galt durch Goldfunde in der Umgebung als die Minenhauptstadt Ecuadors, aber auch als Stadt der Vögel und Wasserfälle. Der Parque Nacional Podocarpus erstreckt sich südlich der Stadt über 146.000 ha.
Die 6km lange Sandpiste zum Eingang des Nationalparks ist relativ gut zu befahren. Da Hunde (mal wieder) nicht erlaubt sind, wollen wir uns wenigstens die Cascada Poderosa ansehen und folgen einem schmalen Pfad in den Regenwald hinein.
Ecuador ist eines der artenreichsten Länder der Welt. Über 20.000 Pflanzenarten existieren in den sehr verschiedenen Lebenszonen zwischen Anden, tropischem Regenwald und Küstengebieten; über 1600 Vogelarten und ca. 300 Säugetierarten bevölkern die Gebiete zwischen Amazonas und Altiplano.
Nach knapp 2 Stunden sind wir von der hohen Luftfeuchtigkeit „gebadet“ und froh, wieder im Auto zu sitzen. Wir verbringen eine zweite Nacht in Zamora – diesmal allerdings getrübt durch Jugendliche, die um 3.00h nachts noch auf die Idee kommen, hinter TIO eine lautstarke Diskussion auszufechten. Lautstark deshalb, weil sie die Musik übertönen müssen, die aus den Lautsprecherboxen des Kofferraums dröhnt.
Wir haben keinen Strom... der Ladebooster funktioniert nicht mehr, so dass sich die Batterien während der Fahrt nicht aufladen – und die reduzierte Solarleistung unserer Paneele reicht nicht aus. Typischerweise ist mal wieder Wochenende und wir können unseren Wohnmobilaufbauer frühestens in 2 Tagen erreichen, also muss ein Campingplatz mit Strom her. Über Loja und Saraguro erreichen wir Cuenca und stellen uns auf Umbertos Cabañas Yanuncay. Dass er noch hervorragendes Wifi hat versüsst uns den Aufenthalt enorm, da wir endlich mal wieder ausgedehnt mit Familie und Freunden telefonieren können
(sehr wichtig für das seelische Gleichgewicht). Am Montag reicht dann ein kurzer e-mail Kontakt und wir finden die sehr versteckte - und ziemlich durchgebrannte - Sicherung, tauschen sie aus und alles läuft wieder.
Das Wetter ist ideal für einen Stadtbummel. Jaron zuliebe gehen wir am Rio Yanuncay entlang zum Panamahut-Museum, wo es neben den unterschiedlichsten Hüten auch eine Vorführung der Panamahut-Herstellung gibt, hergestellt aus dem Herz der Toquilla Palme.
Die jungen Fasern werden gekocht, getrocknet und durch intensives Klopfen geschmeidig gemacht, so dass sie geflochten werden können (je nach Qualität dauert die Herstellung 2 Tage bis 4 Monate). Die Rohlinge werden gewaschen und gebleicht, oder in ein Farbbad getaucht und anschließend getrocknet, bevor sie in eine Form gesetzt und mit Hilfe von heißem Wasserdampf und 2 – 4 Tonnen Druck geformt werden. Nach dem letzten Feinschliff wird das Schweißband innen und das Hutband außen angebracht. Der fertige Panamahut kostet zwischen 30 und 25.000 US-Dollar. Wir finden für Franjo ein schönes Exemplar zu einem annehmbaren Preis ;-) und können sogar das Hutband noch austauschen lassen.
Im Museumscafé genießen wir Kaffee und Kuchen bei herrlicher Aussicht über die Stadt und bummeln anschließend noch durch die Gassen, die heute nicht ganz so überfüllt sind, da – mal wieder – Feiertag ist. Rechtzeitig vor dem großen Nachmittagsgewitter finden wir ein Taxi, das uns - mit Hund - zum Campingplatz zurückbringt.
Der über 28.000 ha große Parque Nacional El Cajas liegt quasi vor den Toren Cuencas. 30Km weiter und 1400m höher erreichen wir die Rancho Hermanos Prado auf fast 4000m, wo wir TIO sicher unterstellen und mit Jaron eine Wanderung zu einigen der kleinen Seen und Lagunen machen, von denen es in dieser Tundravegetation über 270 gibt. Abends lockt uns die Speisekarte in das kleine Restaurant – und am Kaminfeuer warten wir auf die frisch gebratenen Forellen – muy rico !!!
Über Cuenca fahren wir weiter Richtung Norden. In Biblián, kurz hinter Azogues, besuchen wir die Iglesia del Rocio, eine sehr bemerkenswerte Kirche, die in den Felsen gebaut wurde.
Ingapirca, die bedeutendste Inka-Fundstätte Ecuadors ist unser nächstes Ziel. Die Besichtigung ist nur mit einem Guide möglich... unser heißt Segundo, ist nur für uns beide da und weiß Interessantes über die Anlage zu berichten, die ursprünglich von den Cañari erbaut und 300 Jahre später von den Inka erobert wurde.
Der Großteil dieser Festung und Kultstätte wurde restauriert, aber der Sonnentempel steht im Originalzustand seit 500 Jahren in
Ost – West – Ausrichtung hier.
Die Eingangstür und die gegenüberliegenden Fenster wurden so angeordnet, dass die Sommer- und Wintersonnenwende exakt bestimmt werden konnte – was in der Folge den Zeitpunkt der Aussaat und anderer landwirtschaftlicher Tätigkeiten bestimmte. Mit offizieller Genehmigung dürfen wir anschließend sogar die Drohne über der Anlage steigen lassen ;-)
Leider macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung und bei unserer Fahrt zum Parque Nacional Cotopaxi bekommen wir von den umliegenden, z.T. über 6000m hohen Vulkanen nur die untere Hälfte zu sehen. Die schneebedeckten Gipfel sind in den tiefhängenden Wolken verschwunden. Am Fuße de 5877m hohen Vulkans Cotopaxi schlagen wir unser Lager auf – vielleicht sehen wir morgen ja mehr. Zum Cotopaxi-Video geht´s HIER.
Eine große Wanderung lohnt sich heute nicht: Der Wind bläst heftig und der Vulkan ist nach wie vor wolkenverhangen, so dass wir den Park wieder verlassen und uns einen Platz auf der Wiese entlang der nördlichen Zufahrt suchen. Zu unserer Freude lösen sie die Nebelschwaden am Nachmittag auf und geben die Spitze des Cotopaxi mit immer neuen Wolkenkonstellationen frei.
Nach einem kurzen Regenschauer findet sich TIO plötzlich unter dem Regenbogen wieder, aber wir kommen kaum zum Fotografieren, denn jeder vorbeifahrende Autofahrer hebt grüßend die Hand – und jedes 2. Fahrzeug hält an; wir werden freundlichst interviewt und fotografiert – machen sogar eine Führung durch unser Wohnmobil und tauschen Adressen aus. Eine Reitergruppe bestürmt uns mit Fragen: Woher.. wohin.. wie lange... wie gefällt´s...
Soviel Aufmerksamkeit und Interesse an unserer Reise hatten wir schon lange nicht mehr. Erst als die Sonne untergeht wird es ruhiger.
Quito - höchstgelegene Hauptstadt der Welt
Da heute Sonntag ist kommen wir relativ zügig nach Quito hinein und finden im hinteren Winkel des öffentlichen Military-Parkplatzes eine sichere und ruhige Übernachtungsmöglichkeit für 8,-$ / Tag.
Jeden Montag um 11.00h ist Wachwechsel am Palacio de Gobierno Carondelet. Die Plaza Grande ist bereits unter Polizeikontrolle und bevölkert mit tausenden Schaulustigen, Touristen und Demonstranten mit Transparenten, Fahnen und Luftballons.
Die Strecke der Gardisten ist zwar mit Gittern abgesperrt, aber alles in Allem ist dieser Wachwechsel volksnäher und fotografenfreundlicher als in Lima – und die Musik ist besser ;-) Ein kleines Video findet ihr HIER.
Im Anschluss besichtigen wir die Altstadt von Quito mit Catedral Metropolitana Quito, El Barrio La Ronda (das Künstlerviertel), die Iglesia de San Francisco, diverse Plazas und die Basilica del Sagrada Voto Nacion, der wir mühselig auf´s Dach steigen, um die spektakuläre Aussicht auf Quito zu genießen. Als Entschädigung für die lange Wartezeit im Auto gönnen wir Jaron noch das Vergnügen des Hundespielplatz 2 Blocks weiter.
Wieder mal ein bisschen Kultur...
Am nächsten Morgen nehmen wir ihn mit, aber es ist ihm zu heiß... schattensuchend schleicht er hinter uns her und sieht uns an, als hätten wir nicht mehr alle Tassen im Schrank – Stadtbesichtigungen gehörten noch nie zu seinen Favoriten, also parken wir ihn im Wohnmobil, lassen alle Fenster auf und fahren mit dem Taxi nach Bellavista hinauf.
Der indigene Maler Oswaldo Guayasamín, einer der bedeutendsten modernen Künstler Südamerikas, hat sein Haus noch zu Lebzeiten in ein Museum umgewandelt.
Seine eigenen Bilder, Werke von Picasso, Goya und Chagall, sowie eine herausragende Sammlung präkolumbischer Keramik-, Knochen- und Metallgegenstände füllen die riesigen Räume der ranchartigen Villa.
Die dazugehörige Capilla del Hombre ist ein gigantisches Museum und ein Tribut an das Leid der Indigenen Lateinamerikas und die unsterbliche Hoffnung auf eine friedliche Welt - ausgedrückt in monumentalen Bildern bis zu 6 x 12m, sowie einer Kuppelmalerei, welche die Kinder und Sklaven in den dunklen Silberminen Potosís darstellt – bedrückend und nachdenklich stimmend...
Wir haben den Äquator erreicht und stehen in San Antonio de Pichincha an dem Monument, welches die Mitte der Welt dokumentieren soll, genau genommen jedoch 240m zu weit südlich steht. Wir sehen´s gelassen – spätestens an der Pululahua-Caldera haben wir dann die nördliche Halbkugel erreicht. Allerdings haben wir uns ein bisschen mehr von dem Krater versprochen – oder sind wir einfach nur verwöhnt von den Sehenswürdigkeiten der letzten 14 Monate???
Da wir Jaron ohnehin mal wieder nicht mitnehmen dürfen, lohnt sich auch keine Wanderung in den 3km breiten, landwirtschaftlich genutzten Krater und wir fahren zurück und über Quito wieder Richtung Norden.
Unterhalb von Cayambe ist ein weiteres Äquator-Denkmal – diesmal auf der tatsächlichen Null-Linie.
Es soll eine Führung und einen interessanten Vortrag über den Äquator geben, aber der Guide erscheint nicht. Wir fotografieren das Monument und sehen zu, dass wir unseren Übernachtungsplatz am Cuicocha erreichen; den Meerschweinchen- oder Regenbogensee - am Fuße des Cotacachi.
Der Parque Cóndor bei Otavalo nimmt verletzte Greifvögel auf, pflegt sie und wildert sie, wenn möglich, wieder aus. 2 x täglich erfährt man während einer Flugschau auch Interessantes über die dort lebenden Eulen, Falken, Bussarde, Adler und Kondore.
500m vor dem Parkeingang erreicht man über eine schmale Rampe ein großes Plateau oberhalb der Laguna San Pablo. Die Aussicht ist phänomenal und die Nacht ruhig.
Eigentlich wäre dieser Platz geeignet, um mal wieder in aller Ruhe draußen zu frühstücken, aber gerade heute müssen wir früh los, denn in Otavalo ist samstags Viehmarkt. Damit Jaron zu seinem Auslauf kommt, gehe ich mit ihm voraus, während Franjo TIO reisefertig macht.
Viehmarkt in Otavalo
Auf den Feldern rechts und links des Weges wird schon fleißig gearbeitet, während aus dem Radio die unvermeidliche Musik so laut dudelt, dass auch das übernächste Feld noch beschallt wird... aber mit Musik fällt alles leichter... ;-)
Auf dem Viehmarkt geht es schon hoch her. Es wird begutachtet, gekauft, verkauft und getauscht – widerspenstig quiekende Schweine werden vom Platz gezerrt, Rinder heimgetrieben, oder auf Ladeflächen geschoben und Hähne werden provoziert, um ihre Kampfqualitäten zu testen. In den abgelegenen Regionen ersetzt der Hahnenkampf den Stierkampf – was wir aber beides noch nicht erlebt haben.
Mittags erreichen wir Ibarra und den Campground der Finca Sommerwind, die seit 4 Jahren von den Deutschen Hans und Patricia geführt wird - www.finca-sommerwind.info .
Die Lage ist idyllisch an der Laguna Yahuarcocha – und die dröhnenden Motoren des Autorennens jenseits der Straße sollen in vier Stunden verstummen ;-)
Entspannte Tage in angenehmer Atmosphäre
Der morgendliche Sonntags-Regen hört rechtzeitig auf, so dass wir vor der Cafeteria Sommerwind unser deutsches Frühstück genießen können. Nachmittags gibt’s dann noch leckeren Kuchen – Käse- und Limonenkuchen mit Cafe pasado – warum sich nicht mal bedienen lassen ??
Am nächsten Tag herrscht ideales Wäsche-Wetter – Sonne und Wind. Die große Maschine fasst einiges, wäscht bis 60°C und braucht für eine Trommel 1 ½ Stunden. Incl. Bettwäsche und Matratzenbezügen komme ich auf 5 Maschinen, die in der Sonne im Nu wieder trocknen – ein gutes Gefühl, wenn alles mal wieder richtig sauber ist ;-)
Nach 5 Tagen werden wir unruhig...
In aller Ruhe genießen wir noch unser Frühstück, bevor wir uns von Patricia und der Finca Sommerwind verabschieden.
Die beiden Österreicher Regina und Bernhard, unterwegs mit Dalmatiner Gina (www.ginareist.com) versorgen uns noch mit einem Sauerteigansatz für unser Brot und ein paar Tipps für Kolumbien.
Bis zur Grenze ist es nicht mehr weit, aber vorher wollen wir uns noch den Friedhof von Tulcán ansehen, dessen Büsche und Hecken seit den 40er Jahren in Familientradition kunstvoll beschnitten werden. Das gibt diesem riesigen Friedhof das gewisse Etwas und beschert ihm jede Menge Besucher.
Aber jetzt heißt es: On the road again - auf nach Kolumbien.